Ich muss ehrlich sagen – Snapchat konnte mich bis dato nicht wirklich überzeugen. Wie bei jedem neuen sozialen Netzwerk habe ich hier das gleiche Problem – einerseits habe ich dort kaum Kontakte, andererseits Frage ich mich immer ob ich wirklich ein neues Netzwerk benötige, dass letztlich ja auch bespielt werden will. Meist ist die Antwort klar: Nein. Dennoch beäuge ich die Spectacles seit einigen Zeit sehr genau – und hab bei Verfügbarkeit in Europa sofort zugeschlagen.
Spectacles
Inhaltsverzeichnis
Während sich eine Hälfte der Leser jetzt vermeintlich fragt «Spectacles ohne Snapchat?!» werden viele andere Leser meine Überlegung wahrscheinlich verstehen können – zumindest fand ich viele ähnliche Anwendungsfälle auf meiner Suche im Internet. Letzten Endes hatte ich sehr grosses Glück – mein GeekTalk Kollege Achim ist begeisteter Snapper und hatte sich die Brille bereits in den USA besorgt. Insofern lies sich die Frage schnell klären: Ja Spectacles können beinahe völlig ohne Snapchat benutzt werden. Damit war es um mich geschehen und die Brille musste bestellt werden.
Es war überraschend einfach an eine der Brillen zu kommen. Während ich Horrorszenarien von sich ständig in Bewegung befindlichen Automaten aus den USA kenne kann die Brille hier einfach online bestellt werden. Drei Tage nach der Bestellung war sie bereits da. Zwar gibt es die sog. Snapbots auch in Europa – dabei handelt es sich um Pop-Up Automaten bei denen die Brille direkt gekauft werden kann – als grundsätzlich fauler Mensch reichte es bei mir aber nichtmal um nach zu sehen wo diese Automaten aufgestellt sind.
So sehr ich die Idee und auch die Einbindung in das Netzwerk von Snapchat schätze, mein Anwendungsfall mit der Brille lag wo anders. Ich wollte das Gerät vor allem als interessantes, einfach zu bedienendes, Sport-Action-Gadget einsetzen. Ich laufe viel und bin viel mit dem Fahrrad unterwegs. Seit Monaten trägt mich der Gedanke wie ich meine Touren aufzeichnen könnte. Natürlich, es gibt Actioncams – doch diese finde ich für solche Fälle häufig unpraktisch. Die Kamera muss befestigt werden, die Bedienung ist oft schwierig, und dauerhafte Aufnahmen benötige ich nicht. Zudem ist die Perspektive oft sehr problematisch. Hier setzen die Spectacles an: Einerseits sind die Videos grundlegend nur 10 Sekunden lang, für eine kurze Impression reicht mir das, andererseits brauche ich mir keine Gedanken um die Perspektive machen. Da die Brille natürlich auf der Nase sitzt ist die Perspektive letztlich wie meine – die Brille zeichnet meine Umwelt genau so auf wie ich sie sehe.
Snapchat selbst vermarktet die Brille auch in die Richtung Sport und Spaß, nachdem der Sommer quasi gleichzeitig mit der Brille kam dauerte es auch nicht lange bis mich das Gerät auf mein Surfbrett begleitete. Auch hier war die Brille eine klare Verbesserung in Sachen Handhabung für mich. Letztlich nutze ich die Spectacles als einfache und praktische Actioncam. Natürlich – mit klaren Abstrichen – die Auflösung liegt weiter hinter der moderner Actioncams zurück – aber auch hier gilt: Die beste Kamera ist die, die du dabei hast. Und meine GoPro hatte ich schon lange nicht mehr dabei ,…
Lieferumfang
Wie es sich für so ein Gadget gehört – bei den Spectacles stehen die Zeichen auf Hipp und Jugendlich. Die Verpackung erinnert, vor allem aufgrund der Füsse, an eine abgeschnittene Flasche, im inneren befindet sich ein großer dreieckiger Kasten in Lederoptik. Dabei handelt es sich um das Brillenetui. Da es sich um eine smarte Brille handelt hat dieses aber ein Anschluss für ein Ladekabel und eine eigene Akkustandsanzeige. Im inneren des gelben Cases befindet sich letztlich die Brille, die Anleitung das Ladekabel. Die Brille kann ausschliesslich in dem Case geladen werden.
Farblich werden aktuell drei verschiedene Varianten angeboten – ich entschied mich für die «gediegene» schwarze Brille. Abseits davon gibt es noch eine rötliche Variante namens Koralle und eine Brille in Türkis. Interessantes Detail: Dabei wechselt nicht nur die Farbe des Rahmens sondern auch die der Gläser.
Design
Wie bereits dargestellt, die Zeichen stehen auf Hipp und Cool. Die Gläser der Brille sind grundsätzlich rund, am oberen Ende wo die die Fassung in den Bügel über geht sind zwei gelbe Kreise eingelassen. In einem dieser Kreise sitzt die Kamera. Aktiviert wird die Aufnahme durch den Druck auf einen Knopf links auf der Brille. Zudem besitzt die Kamera eine Anzeige ob gerade aufgezeichnet wird – einige weisse Kreise die sich langsam wie eine Art Ladebalken füllen. Damit wird auch die verbleibende Restzeit angezeigt.
Snapchat selbst bietet eine interessante Funktion um die Brille im Vorfeld ausprobieren zu können. In der eigenen Software gibt es einen Filter, dieser legt über ein Selfie von euch die Brille quasi. Snapchat bewies sich in den letzten Wochen und Monaten als äusserst Effektiv was derartige Filter betrifft – auch dieser funktioniert wirklich gut – und bietet einen gewissen Mehrwert.
Funktionen und technische Daten
Snap hat in jeder Hinsicht wert auf sehr einfache Bedienung gelegt – ein Konzept das letztlich aufgeht. Um die Brille zu laden muss sie ins Case gelegt werden, das Case verfügt über einen zusätzlichen Akku und kann die Brille auch ohne direkten Stromanschluss so laden. Das Case wiederrum wird über ein USB Kabel geladen – leider mit einem proprioritären Steckern.
Videos werden per Klick auf den Auslöser aufgezeichnet. Dabei nimmt die Brille automatisch 10 Sekunden Video auf, je weiteren Klick (egal wann während der Aufnahme) kann die Dauer auf bis zu 30 Sekunden verlängert werden. Das ist die maximale Länge eines Videos. Zwar können quasi beliebig viele Videos aufgezeichnet werden, eine Daueraufnahme für euren nächsten Kinofilm ist aber nicht möglich. Natürlich ist auch ein Mikrofon verbaut, insofern wird auch Ton mit aufgezeichnet.
Die Videos werden mit einer ziemlich geringen Auflösung aufgezeichnet – lediglich 800 x 800 Pixel. Zudem ist das Format sehr unüblich: Das Video ist Kreisrund. In Snap fällt dies nicht weiter auf, hier entpuppt sich das Format als Vorteil. Es ist möglich das Handy jederzeit zu drehen, das Video dreht sich immer mit ohne das Bildformat jemals zu wechseln. Das Bild ist, wie bei Actioncams, ziemlich weitwinkelig. Grundsätzlich kommt die Kamera mit wechselnden Verhältnissen gut zurecht, schlechte Lichtverhältnisse werden aber schnell zum Showstopper.
Wie viele Videos gespeichert werden können, oder wie lange der Akku hält, kann ich letztlich leider nicht sagen. Der Hersteller gibt hier auch keine klare Auskunft. Dennoch möchte ich sagen: Ausreichend lange / viel. Ich habe während eines Marahtons 80 Videos aufgezeichnet – teilweise auch länger als zehn Sekunden je Video – und die Brille hat ohne Probleme mitgespielt. Gegen Ende kam die Meldung das die Batterie zu neige ginge, dennoch reichte die Akkuladung und der Speicher vollkommen aus.
Einrichtung und Software
Zur Einrichtung der Brille wird die Snapchat App benötigt. Auch hier legte Snap aber Wert auf sehr einfache Bedienung. Letztlich setzt ihr die Brille auf und müsst nur auf euer Handy blicken. Die Brille firmt dort einen QR Code ab und übernimmt anschließend die Koppelung automatisch.
Eure Videos werden mit Bluetooth ohne weiteres zutun automatisch mit der App synchronisiert – in normaler Qualität. Sofern ihr die HD Fassung möchtet müsst ihr das Smartphone mit Wlan mit der Brille verbinden. Hierzu öffnen die Spectacles ein eigenes Wlan, und überträgt die Videos. Die Übertragung ist stabil und vergleichsweise schnell, trotz der Einfachheit sehe ich hier aber Raum für Kritik. Die Funktionsweise ist an und für sich nicht neu, dennoch würde ich es begrüssen wenn die Spectacles in der Lage wären sich in ein bestehendes Wlan einzuwählen. Es ist vergleichweise nervig jedes Mal das Wlan wechseln zu müssen und während der Übertragung damit auch keine Verbindung zum Internet zu haben.
In der Software selbst ist es anschliessend möglich die zuvor importierten Videos zu teilen. Einerseits mit dem Netzwerk selbst, andererseits können die Videos via iOS Sharesheet auch exportiert werden – in die Camera Roll oder mit dem Cloudspeicher eurer Wahl. Damit können die Videos auch überall anders genutzt werden. Zudem können die Videos geschnitten und mit den üblichen Filtern und Stickern bearbeitet werden. Hier konnte mich Snapchat überraschend: Der Umfang mit Filtern und Stickern innerhalb der App ist vorbildlich, es wundert mich nicht (mehr) warum Facebook / Instagram sich Snapchat in diesem Punkt oft als Vorbild nimmt.
Fazit
Letzen Endes sind die Spectacles natürlich nur eine nette Spielerei – der Anwendungsfall wird letztlich durch den User definitiv. Aufgrund der technischen Daten reicht es nicht für eine Sportkamera, für schnelle Aufzeichnungen und das Teilen in sozialen Netzwerken, auch abseits von Snapchat, reichen die Videos aber alle mal. Die Brille ist gut verarbeitet, die Handhabung ist perfekt.
Die Spectacles können für CHF/EUR 149,99 plus Versand direkt im Webshop des Herstellers erworben werden.