Offener Brief an Mr. Thür – Google Street View

Offener Brief an Mr. Thür - Google Street View
Offener Brief an Mr. Thür - Google Street View

Ganz nach dem Motto:

Hören Sie auf Innovationen zu verhindern und beginnen Sie endlich konstruktive Lösungen zu präsentieren.

Schon unglaublich was unsere Lieben Politiker so bieten. Ich weiss ja, dass ein Politiker für die Entscheidungen die er treffen muss (geht immerhin um ein ganzes Land und deren Bevölkerung) viel zu wenig verdient.
Aber dass darf doch nicht der Grund sein, dass sich solche Politiker (und nicht nur in der Schweiz) vermehrt in die Medien drängen wollen. Kaum kommt irgendetwas neues, ein neuer Datenskandal – vielfach auch ein Benutzerproblem, sich nicht zu informieren – drängen sich diese Politiker wieder in die Medien und wollen uns erklären, wie böse doch das Internet ist.

Ohne jetzt gross eine Diskussion zu starten, ich finde es gibt da zwei Punkte wo angesetzt werden müssen, zum einen sollen die Eltern ihre eigenen Kinder aufklären ihnen sagen, was das Internet ist und wie sie mit ihren Daten umzugehen haben (zuerst denken und dann ein Tweet/Status absenden – das genau gleiche gilt für Bilder). Aber auch die Schulen könnten da (und das ist wieder die Arbeit vom Papa Staat) einige infos anbieten wie es jetzt schon in einzelnen Schulen so gehandhabt wird.

Aber jetzt genug dazu, ich danke dem Jean-Claud Frick für den Offenen Brief, ich werde seit langem wiedermal meinen Drucker anwerfen, ein Stück eines Toten Baumes einlegen, den Brief ausdrucken und einfach auch Unterschrieben unserem lieben Datenschützer zukommen lassen.

Sehr geehrter Herr Thür

Google hat gestern die Abschaltung von Street View in der Schweiz in Erwägung gezogen und beschlossen, das von Ihnen erzwungene Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes ans Bundesgericht weiter zu ziehen. Sollte man dort unterliegen, wird Google den beliebten Dienst in der Schweiz abschalten da man ihren Forderungen nach 100%igem Datenschutz technisch nicht nachkommen kann.

Die Schweiz wäre dann mal wieder ein einsamer Sonderfall, in welchem es nur Verlierer gibt. Allen voran die hunderttausende Internetbenutzer welche Street View immer wieder brauchen und schätzen. Von den Touristen welche sich zukünftig kein Bild unseres Landes mehr machen könnten und dem enormen Imageschaden, welche die Abschaltung mit sich bringen würde, möchte ich hier gar nicht sprechen.

Warum verhindern Sie mit unsinnigen Forderungen Innovationen in der Schweiz? Ist Ihnen nicht bewusst, welches Signal die Schweiz, welche Sie als eidgenössischer Datenschutzbeauftragte ja auch repräsentieren, mal wieder in unsere Nachbarländer aussendet. Zürich ist der grösste Forschungsstandort von Google ausserhalb den USA, und ausgerechnet hier soll Street View deaktiviert werden. Nichts anderes kann ja Ihr Ziel sein, da sie auf der 100% sicheren Unkenntlichmachung von Personen und Nummernschildern bestehen. Dies ist technisch aber nun mal nicht machbar. Genau aus diesem Grund hat Google ja ein Formular eingerichtet, auf welchem jeder Nutzer ein Bild melden kann welches gelöscht oder von Google manuell überarbeitet werden soll.

Falls Ihnen nicht klar ist, dass ein 100% “Schutz” unmöglich ist, dann fehlt es ihnen am, für Ihren Job notwendigen, technischen Know How und Sie müssten zurücktreten. Eher denke ich aber, dass Sie von Anfang an Street View abschalten lassen wollten, da Ihnen dieser Dienst offenbar ein Dorn im Auge ist.

Wie ist es denn aber mit TV Sendungen welche Passanten zeigen? Wie ist es mit den zahlreichen Webcams, welche meine Schritte zeigen? Warum darf ich in Zeitungsfotos erscheinen aber nicht auf Street View?

Als eidgenössischer Datenschutzbeauftragte sind Sie auch mein persönlicher Datenschützer, da die Eidgenossenschaft aus uns allen besteht. Ich persönlich habe Sie aber nie gewählt noch kann ich auf Ihre Politik Einfluss nehmen. Warum verunmöglichen Sie mir, einem aufgeschlossenen und technisch interessierten Schweizer Bürger, die Benutzung von Google Street View?

Wichtigster Grundsatz in meinem persönlichen Datenschutz ist, dass ich selber bestimmen kann, wer wie mit meinen Daten umgeht. Lassen Sie Street View abschalten, fehlt mir diese Möglichkeit und sie verletzten meine Freiheit, im Internet Datendienste zu nutzen (solange diese legal sind natürlich).

Mir scheint es, als haben Sie nie versucht, echte Lösungen mit Google zu finden. Sonst hätte sich eine Vereinbarung wie sie Deutschland mit Google abgeschlossen hat, sicher leicht einrichten lassen. In unserem Nachbarland sind die Bewohner um einiges empfindlicher und vorsichtiger, was den Datenschutz angeht, als wir Schweizer das sind. So ist es dort nun möglich sein Haus von Google verpixeln zu lassen, wenn man verhindern möchte in Street View zu erscheinen. Eine pragmatische Lösung wie ich finde.

Ich fordere Sie mit diesem Brief auf, endlich ihre Totalopposition gegenüber den neuen Diensten, welche uns das Internet bringt, einzustellen und zu versuchen, konstruktive und für uns Internetnutzer sinnvolle Lösungen auszuarbeiten.

Nur dann sind Sie meine Steuerfranken wert.

Mit freundlichen Grüssen

Jean-Claude Frick

4 Kommentare zu „Offener Brief an Mr. Thür – Google Street View“

  1. Grossartig. Meint Hr. Thür er sei der Internet-Oberguru? Alle sollen diesen Brief auf Papier oder über den elektronischen Weg an Hr. Thür senden. Von mir aus sollte eine Anti-Thür-Fan-Seite eröffnet werden!!

  2. Wer’s noch nicht gerafft hat: diverse linke Kreise würden eh am liebsten das Internet abschalten oder mit Gesetzen und Gebühren unbrauchbar machen…

    Aktuellstes Beispiel wieder: Buchpreisbindung.

    Sorry fürs kurze abschweiffen, aber wer sich betroffen fühlt, kennt wohl die Zusammenhänge.

    Fänds definitiv die sinnvollste Lösung, dass sich jeder Bürger bei Google beschweren kann, wenn sein Gesicht oder Kontrollschild irgendwo sichtbar ist und ihm das nicht passt. Anschliessend wird das halt händisch nachgebessert.

    Toller Brief!

    1. @tho22 ich verstehe dich voll und ganz, schreib ja auch immer wiedermal (auch im zusammenhang mit dem Kindle) über die liebe buchpreisbindung.

      Es ist einfach eine zumutung wenn eine person in der Schweiz eine solche entscheidung treffen kann.

      aber eben, was das anbelangt läuft einiges schieff

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